20 Jahren Künstlermanagement in guten wie in schlechten Zeiten

Ich war und bin kein Musiker, allerdings Musikliebhaber seitdem ich mich erinnern kann! Mit 13 Jahren war ich Sängerknabe und ein Freund begeisterte mich für die Musik von David Bowie und Michael Jackson. Mein musikalisches Universum hatte bis dahin aus Josquin Desprez, Clément Janequin, Johann Sebastian Bach, François Couperin und Wolfgang Amadeus Mozart bestanden!

Als ich mein Studium abschloss war es mein Traum, in einem Opernhaus zu arbeiten. Ich bewarb mich in fast ganz Europa, aber ohne Erfolg. Vielleicht mangelte es mir an Verbindungen oder mein CV war zu ungewöhnlich: Ein Absolvent der Betriebswirtschaft, der auf der künstlerischen Seite tätig werden möchte. Verdächtig?

Am 1. März 1995 öffnete mir ein Wiener Agent einen Spalt breit die Türe. Ich eilte mit unbeschreiblicher Begeisterung hinein. Das war der Ausgangspunkt jenes Berufs, den ich seitdem mit Leidenschaft ausübe.

Ich könnte nicht sagen, wie oft ich seitdem geheiratet und wie oft ich mich scheiden lassen habe wenn ich diese 20 Jahre selbstironisch und ein wenig provokant überblicke. Diese notwendige Tatsache zu verkraften, um in dem Beruf zu überleben, musste ich bald lernen. Man kann dabei auch zum Zyniker werden - das aber ist nicht meine Sache. Meine tiefste Überzeugung ist, dass jede Beziehung mit einem Künstler als eine ehrliche und einmalige Geschichte gelebt werden muss. Nur das ist, was für mich Sinn macht.

Nie habe ich mein Hauptziel aus den Augen verloren, nämlich alles zu unternehmen, damit sich eine Karriere auf festem Boden langfristig entwickeln kann. Ich war nie ein Spekulant. Jeglicher Erfolg jedes einzelnen meiner Künstler - egal ob in Oper oder Konzert - erfüllt mich mit Freude. Ich bin mit Begeisterung bei der Sache und vertrete die Ansicht, dass es nicht nur Pflicht sondern auch die Belohnung meiner Arbeit ist, sie auf der Bühne so oft wie möglich zu erleben.

Die schönste Belohnung für mich allerdings ist das Gefühl eine gelungene Vertrauensbeziehung aufgebaut zu haben. Und hier meine ich nicht nur mit einem Künstler, sondern auch mit einem Operndirektor oder Besetzungschef.

Vertrauen… Im Musikmanagement wie in jedem anderen Gewerbe auch, gibt es nicht nur wohlerzogene und faire Mitbewerber. Ich habe schmerzliche Fälle von Verrat erlebt, die man nicht schnell vergisst. Diese Erfahrungen haben mich allerdings gestärkt und aufgeklärt. Umso besser genieße ich die gutherzigen, respektvollen Menschen mit elegantem und fairem Wesen, die ich kennengelernt habe.

In 20 Jahren habe ich gelernt, dass das Leben, eine Karriere, eine Beziehung, alles ist fragil und kostbar. Aber es lohnt sich dennoch, immer wieder so gut als möglich aus dieser Zerbrechlichkeit heraus aufzubauen. Ich habe gelernt, nie aufzugeben, gegenüber Gleichgültigkeit gleichgültig zu sein und im Bewusstsein, dass mir nichts geschenkt wird, nach vorne zu schauen. Ich habe außerdem gelernt, dass harte Arbeit und Geduld zwei Schlüsselbegriffe sind. Ich habe Fehler gemacht und werde gewiss wieder Fehler machen. Aber ich habe Augenblicke höchster Zufriedenheit und größter Freude erlebt und ich erhoffe mir davon viele weitere auch in der Zukunft. 

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mir im Laufe dieser Jahre vertraut haben und immer noch vertrauen.

Mein ganz besonderer Dank geht an Franz Hainzl in dem ich einen alter ego gefunden habe. Er ist die Art von Opernliebhabern, die man nur in Wien finden kann. Er weiß so gut wie alles über das Thema und er ist ein wertvoller Berater. Wir teilen dieselbe Philosophie und dieselbe Hingabe für den Beruf, den wir uns ausgesucht haben.

Laurent Delage, 1. März 2015